Boulderführerschein für Kinder – Sinnvoll oder eher Hürde?

Boulderführerschein erforderlich

Immer mehr Boulder- und Kletterhallen führen einen Boulderführerschein für Kinder ein. Die Idee dahinter klingt erst einmal logisch:
Kinder sollen sich sicher in der Halle bewegen, die wichtigsten Regeln kennen und verstehen, warum bestimmte Verhaltensweisen wichtig sind – für sie selbst und für andere.

In der Theorie entsteht so mehr Sicherheit, mehr Achtsamkeit und weniger Risiko im Boulderbereich. Doch wie so oft sieht die Praxis je nach Halle ganz unterschiedlich aus.


Was ist ein Boulderführerschein überhaupt?

Ein Boulderführerschein ist ein kurzer Kurs oder eine Einweisung, die Kindern vermitteln soll:

  • wie man sich auf den Matten bewegt
  • wie man fällt
  • wo Gefahren entstehen
  • dass man nicht unter aktiven Bouldernden hindurch läuft
  • wie Abstand eingehalten wird
  • was im Kinderbereich erlaubt ist und was im Erwachsenenbereich

Oft gibt es danach ein kleines Kärtchen oder Zertifikat. Viele Hallen verlangen den Führerschein ab 8 Jahren, manche schon eher, andere erst später.


Unsere Meinung und Erfahrungen

Wir können die Intention hinter einem Boulderführerschein absolut nachvollziehen – Sicherheit geht vor, vor allem in Hallen, die stark frequentiert sind.
Aber: Das Ergebnis ist in der Praxis oft nicht so zielführend, wie man es sich wünschen würde.

Wir besuchen regelmäßig verschiedenste Hallen und berichten darüber auch in unserem Blog. Gretel trainiert mit ihren 7 Jahren im Leistungskader, kennt die Regeln, bewegt sich sicher und ist an Wettkämpfe und klare Strukturen gewöhnt.

Trotzdem wird sie in manchen Hallen ausgeschlossen – nicht, weil sie unsicher wäre, sondern schlicht, weil sie (noch) nicht alt genug für den jeweiligen Führerschein ist.

Darum machen wir um Hallen, die zwingend einen Boulderführerschein verlangen, inzwischen eher einen Bogen. Unsere Gründe:


1. Spontanität geht verloren

Viele Boulderführerscheine werden nur zu festen Terminen angeboten.
Ein spontaner Familienbesuch ist dann schlicht nicht mehr möglich – besonders ärgerlich, wenn man gerade auf Reisen oder im Urlaub ist.


2. Kinderbereiche sind oft wenig bouldertauglich

In vielen Hallen ähnelt der ohne Führerschein nutzbare Bereich eher einem Indoorspielplatz als einem echten Boulder-Trainingsbereich.

Das ist nett zum Austoben, aber nicht für Kinder geeignet, die wirklich bouldern oder trainieren möchten – und schon gar nicht für ambitionierte Kids wie Gretel.


3. Jeder kocht sein eigenes Süppchen

Gefühlt hat jede Halle und jede Kette, ihren eigenen Führerschein.
Statt einen sinnvollen, einheitlichen Standard zu schaffen – zum Beispiel gemeinsam mit dem DAV – entstehen unzählige Varianten, die alle etwas anderes verlangen und alle separat absolviert werden müssen.

Für Familien ist das unübersichtlich und unnötig kompliziert.


4. Umsetzung wird häufig nicht konsequent durchgesetzt

Wir erleben oft, dass Kinder ohne Führerschein zwar offiziell nicht in die Erwachsenenbereiche dürfen – dort aber trotzdem über die Matten rennen, unter Bouldernden hindurchlaufen oder spielen.

Warum?
Weil viele Hallen nicht konsequent durchgreifen möchten – Stammkunden-Kinder möchte man ungern verärgern.

Fazit: Der Führerschein ist dann nur eine Formalie und bringt weder Sicherheit noch Struktur.


Unser Fazit

Ein Boulderführerschein kann ein hilfreiches Konzept sein – wenn er:

  • sinnvoll gestaltet ist
  • praxisnah vermittelt wird
  • einheitlich geregelt wäre
  • wirklich konsequent umgesetzt würde

In der aktuellen Form ist er für viele Familien jedoch eher eine Hürde als eine Hilfe. Besonders für sportlich ambitionierte Kinder oder für Familien, die viele verschiedene Hallen besuchen, sorgt er mehr für Frust als für Sicherheit.

Wir wünschen uns ein gemeinsames, bundesweit einheitliches Konzept, das Kinder fördert, Familien unterstützt und den Hallen die Umsetzung erleichtert – statt viele Insellösungen, die am Ende niemandem wirklich weiterhelfen.

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